Ich kann mich noch sehr gut an den zu meiner Schulzeit sogenannten Musikunterricht erinnern, der in erster Linie aus dem Absingen von garstingen Wanderliedern und immer, immer, immer wieder der bairischen und teutschen Nationalhymne geprägt war. Ganz schlimm war das Einzelvorsingen vor versammelter Klasse des Liedes "Miau, miau, willst du mich freien..." zum Zwecke der Notenermittlung durch sadistische Lehrer. Mir persönlich wurde im Zuge dessen völlige Unmusikalität beschieden, nicht zuletzt deshalb, weil ich es vorzog, den einen oder anderen Text unseres Liederbuches etwas zu zeitgemässer zu interpretieren. Alles in allem eine äußerst dröge Angelegenheit, an die ich mich gerne ungern zurückerinnere.
Besonders gruselig wirds, wenn ich mich an meine Mitgliedschaft in der damaligen Musikklasse erinnere, genannt 'Schulband' mit dem stark hitparadenverdächtigen Namen 'Rock- und Popformation Jupp-Weyzenkeym-Schule' (den Namen der Schule habe ich aus Rücksicht auf meine Reputation geändert). Sehr DDR-like, obwohl in Bayern. Ein ganzes langes Schuljahr übten wir uns an möglichst grauenhaften Interpretationen solcher Gassenhauer wie "Let's fist ... äh Twist Again", "Penny Lane" sowie "Sunny" oder "Rivers Of Babylon", all das in möglichst schleppender Intonation. Alles natürlich streng nach Blatt gespielt, selbst eventuell anfallende Gitarrensoli. Und das zu einer Zeit, in der Frank Zappa auf meinem Plattenteller festklebte.
Mehr Glück haben die Schüler von heute. Zum Beispiel 57 Schüler der Fritjof-Nansen-Realschule in Gronau. Gronau? Richtig: Gronau, u. a. die Geburtsstadt von Adolf... äh Udo Lindenbergs, in der im vergangenen Monat das Rock 'n' Popmuseum seine Eröffnung feierte. Dieses wiederum rief in Zusammenarbeit mit u. a. der Deutschen Phonoakademie das Projekt 'SchoolTour' ins Leben, das in der Fritjof-Nansen-Realschule nun Premiere feierte, was nicht zuletzt den 57 Jungs und Mädels eine arbeits- und erlebnisreiche Woche bescherte.
Wurden doch 'mal eben' fünf Bands aus dem Boden gestampft, daneben noch eine Video-, Moderations-, Eventmanagemtgruppe und nicht zuletzt eine Arbeitsgruppe für Werbung/PR/Promotion aufgebaut, alles in Zusammenarbeit mit fachkundigen Mitarbeitern der musikalischen Unterhaltungsindustrie.
Das Ergebnis in Form einer CD landete heute bei mir im Briefkasten, nicht zuletzt sicherlich deshalb, hat doch mein prominenter Mitbewohner und Vermieter sich zu diesem Anlass von den Schülern diverse Löcher in den Bauch fragen lassen.
Auch wenn ich bei den Stücken der fünf Bands jetzt nicht unbedingte Chartbreaker ausmachen konnte, lassen sich die Arbeitsergebnisse durchaus hören. Sicherlich, die Texte sind sehr - sagen wir mal - jugendorientiert: "Gott hat diese Welt nicht zum Kiffen kreiert" würde aus dem Munde eines gestandenen Rockers oder so etwas abgestanden anhören, intoniert von Jugendlichen unterschiedlichsten Geschlechts dagegen ist es einfach nur: niedlich! Allerliebst! Wobei sich mir die Frage stellt, ob bei der Textfindung für dieses Lied nicht auch die geographische Nähe zu den Niederlanden eine gewisse Rolle gespielt haben könnte. Andere Texte wiederum lassen eine Nähe zu Tagebuchinhalten vermuten, unverkennbar ist das Bemühnen um Inhalte und 'die Welt verbessern'. Aber seien wir ehrlich: waren wir, die jetzt als thirty-somethings die 40er-Altersgrenze überschritten haben, anders? Nö, iwo! Kein bischen! Der kindlich/jugendliche Gesang mag zwar manches Mal etwas 'neben der Spur' liegen, produktions-, arrangement- und aufnahmetechnisch gehen die fünf Songs als durchaus 'amtlich' durch.
Mein Fazit: SchoolTour ist das, was ich mir in meiner Schulzeit gewünscht hätte: ein fortschrittliches, zeitgemäßes Projekt, das Zukunft hat. Den hier hoffentlich zahlreich mitlesenden Musiklehrern, Pädagogen, Schuldirektoren, Schülervertretern, Schülern lege ich dringend ans Herz, sich über die 'SchoolTour' Zu informieren und mit den Organisatoren in Verbindung zu setzen und die 'SchoolTour' an seine Schule einzuladen! Ich könnte mir sogar vorstellen, dass dieses Projekt Schüler medienpolitisch dahingehend erziehen könnte, dass diese gruseligen Castingshows wie DSDS und wie sie alle heißen mit ihren Daniel Küblböcks und Pop-Prolet Dieter Bohlen dorthingeschickt werden, wo sie hingehören: auf den Müllhaufen der Popgeschichte.
Und wenn man einen freundlichen Brief an die Fritjof-Nansen-Realschule, Eschweg 7, 48599 Gronau schreibt, wird man der Bitte um eine CD sicherlich gerne entgegenkommen.
... bei der Vorstellung einer solchen Kombination bekommt selbst der eingefleischte Jazzfan doch gleich leuchtende Augen und rote Ohren - kann man das nicht noch mal probieren bzw. relaunchen??? Aber trösten Sie sich, mir ging das ähnlich: Ich musste ja damals Akkordeon lernen und hab dann versucht, auf diesem Instrument Led Zeppelin zu intonieren ... hahaha ;-))
Und machense doch mal ein paar MP3s von den Kinderliedern, ich leg Ihnen die dann irgendwo hin, so dass man sie direkt aus Ihrem Blog heraus aufrufen kann - da haben die bestimmt nix dagegen. Als Werbung für die CD.
Lolcat-Übersetzer
Für alle, die schon immer seinen oder ihren abfotografierten...
by seattledirk (19:29)
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